Basiswissen "Werbepsychologie"

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Was ist Werbepsychologie?
Werbepsychologie untersucht die Wirkungen von Werbung im Hinblick auf das Erleben und Verhalten potenzieller Käufer. Kaufmotive, Wahrnehmungs- und Kaufentscheidungsprozesse spielen dabei eine ebenso wichtige Rolle wie die Effizienzsteigerung der Werbung durch Berücksichtigung wirtschafts- und marktpsychologischer Zusammenhänge sowie die Nutzung Lern- und wahrnehmungspsychologischer Regelwerke.

 

Wozu dient Werbepsychologie?
Richtig angewandt dienen Werbepsychologie
der Beeinflussung unserer Meinung und der Steigerung unserer Motivation zu Gunsten eines Produktes, einer Dienstleistung, eines Unternehmens oder einer Person. Nicht zuletzt geht es um die Herbeiführung einer Kaufentscheidung.

 

Entwicklung
Angesichts komplexer und vielschichtiger Märkte ist die Herbeiführung einer Kaufentscheidung für die Werbung eine komplexe Herausforderung mit vielen Unter- bzw. Einzel-Zielen. Ohne die Nutzung psychologischer Erkenntnisse wäre Werbung ein schwieriges Unterfangen.
Das, was früher einmal als Werbung galt, reicht heute bei weitem nicht mehr aus. Die Märkte sind komplexer, die Konkurrenz erheblich und die Ansprüche der Konsumenten immer höher. Insofern unterliegt Werbung einem Sozialisationsprozess, den es zu berücksichtigen und zu verfolgen gilt. 

 

Überall und täglich sind wir von Werbung umgeben
Es gibt Werbung, die uns anspricht und andere, die uns weniger anspricht.
Es gibt Werbung, die uns geradewegs ins Auge fällt und Werbung, die wir gar nicht wahrnehmen, zumindest nicht bewusst. Es gibt Werbung, die wir sympathisch finden und Werbung, die wir schrecklich finden. Auch letztere kann durchaus ihre Wirkung erzielen, zumindest dann, wenn psychologische Regelwerke nicht dem Zufall überlassen werden.
Auch Werbung, die wir zuerst einmal schlecht finden, kann – sofern sie werbepsychologisch gut durchdacht ist – ihr Ziel erreichen. Zu diesem Ziel kann allein die Steigerung der Aufmerksamkeit oder des Bekanntheitsgrades oder die reine Unterhaltung zur Verhinderung von Vermeidungsverhalten gehören und genau das erreicht man nicht nur mit Mitteln, die zwingend gefallen.

 

Prozesse im Gehirn
Die Prozesse, die in unserem Gehirn stattfinden, sind sehr vielseitig und vielschichtig. Zumeist entgehen sie unserem Bewusstsein. Sie spielen sich unbewusst ab. Von unserem Unterbewusstsein nehmen sie ihren Einfluss auf unsere Handlungen und Entscheidungen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei unser Limbisches System bzw. unser Motiv- und Emotionssystem im Gehirn. Das berücksichtigt die Werbung
insofern, dass man sich in der Werbepsychologie auch den Erkenntnissen der Neurowissenschaften bedient. Neuromarketing / Consumer Neuroscience ist nichts anderes als die Anwendung der Erkenntnisse über die Prozesse, die im Gehirn der Konsumenten ablaufen. Werbe-Maßnahmen, die unser Bewusstsein ansprechen werden daher durch Werbe-Maßnahmen ergänzt, die unserem Bewusstsein verborgen bleiben und lediglich unser Unterbewusstsein ansprechen. Genau hier nehmen sie Einfluss auf unsere Denk- und Entscheidungsprozesse.

 

Werbe-Ziele
Tatsächlich hat Werbung unterschiedliche Ziele. 
Unter anderem soll uns Werbung Neues näher bringen und die Aufmerksamkeit darauf lenken. Da wir jedoch ständig und laufend von Werbung umgeben sind, verliert alte Werbung an Wirkung. Schließlich benötigt unser Gehirn, in dem sämtliche Wahrnehmungs-, Denk- und Entscheidungsprozesse stattfinden, ständige Abwechslung um nicht das Interesse zu verlieren.

 

Sozial- und Trendforschung
Werbepsychologisch durchdachte Maßnahmen stehen daher in einem engen Zusammenhang mit der Sozial- und Trendforschung. Ohne die Berücksichtigung von Markt- und Trendveränderungen verläuft Werbung im Sande oder hat sogar kontraproduktive Wirkung auf das Image der angeworbenen Sache. 
Als typisches Beispiel seien hier manche Werbeanzeigen in sogenannten Käseblättchen zu nennen. Diese werden oft noch nach alten Mustern geschaltet ohne zu berücksichtigen, wer derartige Werbeblättchen überhaupt liest und wie die Werbung beim etwaigen Leser ankommt. Mit guter Werbepsychologie und effektiver, wirksamer Werbung hat das ebenso wenig zu zun wie manche Bewerbungen von Jobsuchenden, die alten Lebenslauf-Mustern längst vergangener Tage folgen und damit die Kauf- bzw. Einstellungs-Entscheidung allein dem Arbeitgeber bzw. dem Zufall überlassen.

 

Keine Zufälle
Werbepsychologie kennt keine Zufälle, nur Regeln. Wird gegen diese Regeln verstoßen, so ist das Ergebnis ebenso vorprogrammiert wie bei der intelligenten Nutzung bzw. Anwendung dieser Regelwerke, nur eben mit einem anderen Ergebnis. Zu den Regelwerken zählen wahrnehmungspsychologische Regelwerke und Prozesse sowie weitere Werbe-Prinzipien. Schlüsselreize spielen in der Werbung eine ebenso wichtige Rolle wie bestimmte Effekte z.B. der lernpsychologische Effekt der Konditionierung.

 

Klassische Konditionierung
Die Klassische Konditionierung nach Iwan Petrowitsch Pawlow, Begründer der behavioristischen Lerntheorie, spielt dabei eine besondere Rolle und zählt damit zu den Klassikern (Detail-Infos).

 

Wahrnehmungspsychologie
Stets verbindet der Mensch eine Sache mit einer anderen. Auch in der Wahrnehmungspsychologie: Wer eine Brille trägt, den halten wir automatisch für intelligenter und wer Anzug und Krawatte trägt für kompetenter und vor allem seriöser. Das, was u.a. unsere Intelligenz ausmacht, wird uns auf der anderen Seite zum Verhängnis. Wir manipulieren uns damit selber oder werden manipuliert

(Detail-Infos).

 

Operante Konditionierung
Neben der klassischen Konditionierung setzt Werbung auch auf die operante Konditionierung. So bekommen wir z.B. eine Belohnung, wenn wir das beworbene Produkt kaufen und benutzen. Ein Kosmetikprodukt belohnt mit einer höheren Attraktivität und selbst ein Fast-Food Produkt kann mit der passenden Werbung ein Fitnessgefühl vermitteln. Zum Zeitpunkt, in dem man der Werbung unterliegt, ist man zwar weder attraktiver noch fitter, unsere Vorstellung allein reicht. 

 

Emotionalisierung
Als weiteres Beispiel-Experiment sei das HOBA-Experiment genannt, in dem Versuchspersonen das Phantasie-Produkt „HOBA-Seife“ vorgeführt wurde. Während der Werbeaufschriften wurden Dias von 
schönen Landschaften und vollbusigen Frauen eingeblendet. Die Versuchspersonen assoziierten die Reize auf den Hintergrundbildern stets mit dem Produkt. Sie haben es somit emotional aufgeladen. Diese Emotionalisierung hat zur Folge, dass Produkte mit Emotionen verknüpft werden. Verknüpfen wir also Produkte mit positiven Gefühlen, so wird folglich auch das Produkt selbst positiv wahrgenommen und das unabhängig von seiner tatsächlichen Qualität, die für den Verbraucher schlecht messbar ist.


Fiktive Zusatz-Nutzen aus der Phantasie sprechen den Konsumenten mehr an als das Produkt selbst und führen zum Kauf des Produktes, selbst wenn dieses keinen unmittelbaren bzw. realen Nutzen für den Käufer selbst hat. 
Daher wird in der Werbung sehr viel über Gefühle gesteuert.

 

So werden z.B. Mütter von Werbung mit Kleinkindern ganz besonders angesprochen, schließlich überträgt sich der fiktive Zusatznutzen in Form der Vorstellung vom warmen Gefühl von Babys auf das Produkt. Nicht selten werden Automobil-Tuning-Produkte mit vollbusigen Modells gezeigt, schließlich soll in Bezug auf die von der Sache her eigentlich sachlich-langweilige Technik emotional behaftet werden und darüber hinaus mit Versprechungen, hier: Diese Frau fährt voll darauf und damit auch auf Dich ab, sofern Du weiterliest, kommst und kaufst.


In stark emotionsbehafteten Situationen lernen wir besonders gut und schnell. In der Werbung wird dies genutzt, indem z.B. mit schönen, emotionsbehafteten Bildern, mit erotischen Reizen, emotionsgeladener Musik oder mit Humor gearbeitet wird. Selbst Werbung, welche negative Emotionen hervorruft, kann ihr Ziel erreichen.


Auch ein Horror führt zu Emotionen und bleibt im Kopf haften. Zudem spricht man drüber: "Hast Du das gesehen?" oder "Kennst Du die schreckliche Müsli-Werbung aus dem Radio? Fürchterlich nicht!?". Das Ergebnis: Man spricht darüber und wenn man im Kaufhaus vor dem entsprechenden Produkt neben einem weiteren unbekannten Produkt steht, greift man dann doch lieber zu dem, was man kennt und das andere vermeindlich auch kaufen, bevor man sich gar für etwas entscheidet, was man nun gar nicht kennt. Wichtig ist es, in der Erinnerungen der Kunden präsent zu sein.


Involvement
Durch die direkte oder indirekte gefühlsmäßige Einbindung des potentiellen Kunden wird seine Urteilsfähigkeit und Entscheidungsfindung massiv beeinflusst, insbesondere dann, wenn "High Involvement" vorliegt. (Detail-Infos)

 

Lenkung von Aufmerksamkeit und Wahrnehmung
Die Lenkung der Aufmerksamkeit und unserer Wahrnehmung ist ein Teil der Werbung.
Daher gilt es, die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu gewinnen und aus der Fülle der vielen sonstigen eingehenden Reize auf ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung zu lenken. Wie das Produkt dann wahrgenommen wird und mit welchen Eindrücken es verknüpft wird, ist ebenso wichtiger Bestandteil moderner Werbung.

 

Einer von vielen weiteren Wahrnehmungsfehlern, den sich die Werbung zunutze macht ist der Aufmerksamkeitsfehler: Die vielen verschiedenen Reize, denen wir jeden Tag ausgesetzt sind, werden durch unsere Aufmerksamkeit gefiltert. Nur wenn etwas von Bedeutung für uns ist oder werden könnte, hat es eine Chance, von uns bewusst wahrgenommen zu werden. Um diese Aufmerksamkeit zu erlangen, werden in der Werbung verschiedene Wahrnehmungsprozesse und Prinzipien berücksichtigt. Dazu zählt u.a. der Top-down-Prozess und der Bottom-up-Prozess. Hinzu kommt eine Vielzahl weiterer Prozesse, Effekte und Wahrnehmungsfehler. Diese sind sehr vielseitig. Sie haben aber alle eines gemeinsam: Niemand kann sich effektiv davor schützen oder sich davon befreien. Sie wirken auf jeden und zudem sehr nachhaltig.

 

Beobachtungs-, Beurteilungs- und Wahrnehmungsfehler
Stets geht es in der Werbepsychologie um den b
ewussten bzw. gezielten Einsatz von Beobachtungs-, Beurteilungs- und Wahrnehmungsfehlern sowie weiterer auf die Verarbeitungsprozesse im Gehirn wirkende Effekte, die auf unsere Vorstellung wirken und mit Hilfe unserer Vorstellungskraft (= Phantasie) Bilder, Gefühle, Einstellungen, Entscheidungen (z.B. Kaufentscheidung) und Verhalten (z.B. Kaufverhalten) erzeugen. 

 

Werbung & Marktpsychologie
Einer der wichtigsten Leitsätze der Marktpsychologie lautet: "Nicht die objektive Beschaffenheit einer Ware ist die Realität, sondern einzig die Verbrauchervorstellung und das Verbrauchererlebnis, d.h. das anschaulich Angetroffene." Dazu zählt insbesondere das Image
Die Image- und Marktpsychologie spielt in der Werbepsychologie folglich eine wesentliche Rolle.

 

Erinnerung
Auch soll die beworbene Sache in Erinnerung bleiben und einen langfristigen Einfluss auf das Kaufverhalten haben. Die einfachste Möglichkeit, etwas längerfristig im Gedächtnis festzuhalten, ist die Wiederholung. Auch wenn es stereotyp und langweilig ist: Ein immer wieder gesehener oder gehörter Werbespot wird sich früher oder später in unser Gedächtnis einbrennen, egal, ob er gut oder schlecht ist.

 

Identifikation & Sympathien
Identifikation spielt in der Werbung auch eine große Rolle, weshalb insbesondere in der zielgruppenspezifischen Werbung oft bekannte Personen aus dem öffentlichen Leben zu sehen sind, die für uns eine Modellfunktion haben, weil sie z.B. beruflich oder sportlich erfolgreich sind, einen hohen Einfluss haben oder einfach nur als sympathisch erlebt werden.

 

So vermittelt ein bekannter Rennfahrer, der ein bestimmtes Auto fährt, zugleich eine hohe Qualität dies Fahrzeugs. Allein unsere Logik sagt uns hier, dass er sich als Profi nicht mit Schlechtem begnügt hätte. Ein erfolgreicher Fußball-Trainer kann bei diesem Auto sowohl für eine hohe Fahrdynamik stehen, als auch für Understatement oder einfach nur für Sympathie. Nicht zuletzt steht auch er für Erfolg und auch der Verbraucher würde diesen Erfolg gerne haben oder zumindest gerne nach außen zeigen: "Wenn der Nachbar meinen neuen Wagen nun mit Erfolg assoziiert, ist das ein guter Grund ihn mir zu kaufen."

 

Bereits ein sympathischer Mitmensch mit hohen Identifikationswerten oder ein Modell in Vorbildfunktions-Rolle kann eine ähnliche Wirkung erzielen. Dem Funktionieren dieser Strategie liegt einer von unzähligen Wahrnehmungsfehlern zugrunde: Der fundamentale Attributionsfehler. Dazu ist zu sagen, dass es noch eine Vielzahl weiterer Fehler gibt, denen unser Gehirn unterliegt. Diese Denkfehler macht sich die Werbung zunutze. Alle sind in sich unterschiedlich, greifen aber ineinander über. Daher gibt es eine Vielzahl an Begrifflichkeiten, die sich zum Teil überschneiden.

Priming
Eine der vielzähligen Techniken, die sich die fortschrittliche Werbung zunutze macht ist das sogenannte Priming, das gleich mehrere Wahrnehmungs- und Manipulations-Effekte miteinander kombioniert: Zum einen die
wiederholte Darbietung und Nennung eines Produktes auf unterschiedlichen Plattformen, zum anderen die Aktivierung eines Stereotyps z.B. bei der Werbung mit Prominenten (Testimonial Werbung) und die entsprechende Anregung der Konsumenten, sich dem Stereotyp entsprechend  zu verhalten bzw. es dem Prominenten gleich zu tun. Die im Priming ausgelösten Assoziationen und Effekte werden auf das Produkt, die Dienstleistung oder Person übertragen, latent vorhandene Bedürfnisse verstärkt und durch positive Aussagen und Bilder Positiv-Stimmung erzeugt. 

 

Priming kann nicht nur Kaufentscheidungen herbeiführen sowie Verkaufsgespräche und Einkaufverhandlungen beeinflussen, sondern auch die Einstellung gegenüber anderen Personen positiv beeinflussen. Priming ist darüber hinaus auch eine hervorragende Möglichkeit, andere - aber auch uns selbst - in eine bestimmte Grundhaltung zu bringen, die für unsere Ziele förderlich ist.

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