Hintergrundwissen "Klassische Konditionierung"

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Einleitung
Die Klassische Konditionierung nach Iwan Petrowitsch Pawlow, Begründer der behavioristischen Lerntheorie, spielt in der Lernpsychologie - und damit auch in der Werbung und in der Psychotherapie - eine besondere Rolle. Die Theorie besagt, dass einem natürlichen Reflex durch Lernen ein neuer, bedingter Reflex hinzugefügt werden kann.


Zusammenhänge
Menschen und Tiere reagieren auf Reize. Die Reaktion auf Reize ist ein angeborener Reflex.
Ein Reflex ist eine natürliche (angeborene, nicht erlernte) Reaktion auf einen Reiz. Reflexe sind z.B. Pupillenkontraktion, Lidschlussreflex, Patellarsehnenreflex, Hormonausschüttung und Speichelfluss.

Beispiel:
Wenn wir hungrig sind und in der Stadt etwas Leckeres zu Essen sehen oder riechen, wird
als Reaktion auf diese Wahrnehmung unsere Speichelproduktion angeregt. Sobald unser Speichel fließt, wird unser Verdauungssystem angeregt. In Erwartung der in scheinbar anstehenden Mahlzeit bekommen wir noch mehr Hunger und streben nach Befriedigung unseres Bedürfnisses z.B. durch Kauf des Wahrgenommenen bzw. des gesehenen oder gerochenen Produktes hinter der Ladentheke.


Reiz & Reaktion
Da sich die Klassische Konditionierung mit Reizen auseinandersetzt und Reize zu Reaktionen führen, bezeichnet man sie (im Behaviorismus) auch als S-R-Psychologie, wobei "S" für Reiz und "R" für Reflex bzw. Reaktion steht.
Bei der klassischen Konditionierung werden zwei Reize so miteinander verknüpft, dass beide dieselbe Reaktion auslösen. In der Neurolinguistischen Programmierung (NLP) spricht man von sogenannten Reiz-Reaktions-Ketten.


Reiz-Reaktions-Ketten

Es entsteht ein Bild und Gefühl, dass mit dem vorausgegangenen Input von außen in keiner direkten Beziehung steht. Vielmehr ist die eigene Gefühlswelt betroffen. Sie entscheidet nun darüber, wie der eingegangene Reiz bzw. die empfangene Information gesehen und bewertet wird - und das unabhängig von jeglicher Logik und jeglichem Sachverstand.

 

Beispiel:

Wenn wir z.B. in der Mittagspause häufig ein bestimmtes Essen kaufen, wobei allein bei der Wahrnehmung der bevorstehenden Mahlzeit (Reiz) eine erhöhte Speichelproduktion (Reaktion) ausgelöst wird - und wir zur selben Zeit eine bestimmte Melodie hören, reicht irgendwann allein diese Melodie aus, um die Speichelproduktion - und damit die Kaufentscheidung auszulösen.

 

Pawlows Theorie

Wenn zwei Reize wiederholt zusammen auftreten, kann also auch ein völlig unbeteiligter Reiz die selbe Reaktion auslösen, wobei die Reaktion auf den unbeteiligten, neutralen Reiz erlernt wurde. Das Phänomen der Verknüpfung zweier Reize hat I. P. Pawlow an Hunden erforscht bzw. entdeckt.


Sehr bekannt geworden ist das Beipiel vom Pawlowschen Hund, bei dem in den Experimenten die Gabe von Futter stets mit einem Glockenton verbunden wurde. Nach mehreren Wiederholungen war allein auf den Glockenton hin ein Speichelfluss des Hundes zu beobachten. Statt des Futters wurde der Glockenton zum Reiz und führte zu Reaktionen (z.B. Ohren spitzen, Speichelfluss). Pawlows Theorien wurden von J. B. Watson aufgegriffen und auf den Menschen übertragen.


Eine Definition zur Klassischen Konditionierung lautet:
"Klassisches Konditionieren ist ein Lernprozeß, der auf zeitlicher Assoziation beruht. Theoretisch verschmelzen zwei Ereignisse, die wiederholt zeitlich dicht beieinander auftreten, im Bewußtsein einer Person, und nach kurzer Zeit reagiert die Person auf beide Ereignisse in gleicher Weise."

Nutzen
Während der Effekt der Klassischen Konditionierung in der Werbung genutzt wird, um Menschen zu einem bestimmten Kaufverhalten zu bewegen, kann er in der Psychotherapie genutzt werden, um z.B. Angst- und
Zwangsstörungen zu behandeln z.B. mit Hilfe der Technik der Gegenkonditionierung, der Aversionstherapie, der systematischen Desensibilisierung, der Extinktion und des Floodings.


Klassische Konditionierung in der Neurolinguistischen Programmierung (NLP)
Im NLP wird Sprache als wirkungsvolles Instrument dazu benutzt, Filterprozesse im Gehirn zu offenbaren und zu lenken bzw. zu programmieren, die auf dem Prinzip der Klassischen Konditionierung basieren. Dadurch ist es möglich, Reiz-Reaktions-Ketten neu zu gestalten, Denkstrukturen aufzubrechen und diese zu verändern. Im Ergebnis führt dies zu einem bestimmten bzw. positiv geänderten Verhalten.


Klassische Konditionierung in der Werbung
In der Werbung werden ursprünglich neutrale Reize (Produkt) mit einer emotionalen Reaktion verknüpft. Dem Konsumenten wird ein Zusatznutzen suggeriert bzw. eine Zusatzerfahrung (Erlebnis) geboten. Das führt nicht nur dazu, dass das Produkt von anderen ähnlichen Produkten besser unterschieden werden kann, sondern auch zur Herbeiführung von Kaufentscheidungen z.B. wenn ein Produkt mit bestimmten Gefühlen oder Vorstellungen verknüpft wird.

 

Beispiel:

Beim Betrachten schöner und/oder angeregender (z.B. erotischer) Abbildungen wird automatisch und unbewusst eine angenehme Reaktion ausgelöst. Wird dieses Gefühl nun (z.B. über eine attraktive Person auf einem Werbefoto) mit einem bestimmten Produkt in Verbindung gebracht, wird das Produkt automatisch mit diesem positiven Gefühl verknüpft und zugleich ein Wunsch ausgelöst, in den Genuss des schönen Gefühls zu gelangen. Wenn z.B. Kaffee mit Bildern oder Szenen einer glücklichen und harmonischen Familie beworben wird, wird dem Konsumenten suggeriert, dass er mit dem Erwerb dieses Kaffees auch sein Familienleben harmonischer gestalten kann.

 

Hat der Konsument selbst keine Familie oder gestaltet sich sein Familienleben selbst weniger harmonisch, so wird doch der Wunsch bzw. die tiefe Sehnsucht angesprochen, sich selbst mit dem Genuss (bzw. allein bereits mit dem Erwerb dieses Produktes) der Vision des angestrebten glücklichen Zustandes ein Stückchen näher zu bringen.

 

Weitere Beispiele
Als weiteres Beispiel für die Klassische Konditionierung bei Menschen können die Bombenangriffe des Zweiten Weltkrieges genannt werden: Bei vielen Menschen, die diese nervenaufreibenden Fliegerangriffe erlebt haben, verursacht nachfolgend allein der Heulton von Sirenen Angst, selbst wenn es sich nur um einen Probealarm handelt.

 

Operante Konditionierung
Stets verbindet der Mensch eine Sache mit einer anderen. Neben der klassischen Konditionierung kennt man auch die operante Konditionierung z.B. in der Werbung. Hier geht es allerdings um spontanes Verhalten. So bekommen wir z.B. eine Belohnung, wenn wir das beworbene Produkt kaufen und benutzen. Ein Kosmetikprodukt belohnt mit einer höheren Attraktivität und selbst ein Fast-Food Produkt kann mit der passenden Werbung ein Fitnessgefühl vermitteln. Zum Zeitpunkt, in dem man der Werbung unterliegt, ist man zwar weder attraktiver noch fitter, unsere Vorstellung allein reicht.