Psychoakustik

Mehrwert-Infos für Vielleser, Mehrwisser und Besserwisser

Töne und Klänge, ob Geräusche oder Musik haben eine starke Wirkung auf unser Denken und Handeln. Sie erzeugen Gefühle, Stimmungen, Ängste und Bedürfnisse. Sie steuern Kaufentscheidungen und Wertempfinden. Sie können zurückhaltend und begleitend, im Hintergrund oder auch deutlich wahrnehmbar im Vordergrund sein. Sie können sagen: "Fühl Dich wohl!", "Hier bist Du gut aufgehoben." oder "Kauf mich!". Sie können aber auch dazu führen, dass man ganz schnell wieder gehen möchte und das dann auch tut.

 

Hohe Pfeiftöne können uns nicht nur erschrecken und in die Flucht treiben, sondern uns geradewegs lähmen. Dies wird u.a. im Sicherheitsbereich z.B. in der Einbruchmeldetechnik genutzt. Musik mit viel Bass widerum verleiht Menschen ein Gefühl von Macht und kann das Selbstvertrauen stärken. Bestimmte Klänge beruhigen, andere Töne verschrecken. So auch beim Einkauf oder im Kundengespräch: Psychoakustische Zusammenhänge sind deutlich mit verantwortlich für das Kundenverhalten, das Kaufverhalten und den Erfolg von Beratungsgesprächen. Dies bezieht sich auf Töne und Klänge sowie Geräusche und/oder Musik an sich, ebenfalls aber auch auf die entsprechende Raumakustik. 

 

Durch Töne, Klänge, Geräusche und Musik wird unsere Aufmerksamkeit und Wahrnehmung ebenso gesteuert wie unser Empfinden. Dies beeinflusst unser Denken und dadurch wieder unser Verhalten. 

 

Individuelle Geräusche können als unangenehm oder nervig oder durchaus harmonisch empfunden werden, je nachdem wie die individuelle Wahrnehmung und Empfindung ist oder wie man das jeweilige Geräusch technisch wirken lässt. In so fern trägt die individuell manipulierte technische Ausgestaltung von Geräuschen und Klängen wesentlich dazu bei, Empfindungen und damit individuelles Denken und Verhalten zu beeinfussen.

 

Beispiel Automobilindustrie: Ein Fahrzeugeräusch kann angenehm sonor "brummen" oder sportlich "brausen", kann aber auch unangenehm "knarzen", "knattern" oder "scheppern". Es hängt von den jeweiligen Frequenzen und der Filterung ab, folglich von der Tontechnik. Diese hat ohne Berücksichtigung der psychologischen Komponente keinen Wert, weil man nicht weiß, wie welche Technik bei wem (z.B. bei der Zielgruppe) ankommt.
Nicht jedem gefällt z.B. das Röhren eines 911er Porsche, für 911er Fans ist es aber jedoch ein unabdingbares "Muss". Sound-Design hat damit stets eine psychologische Komponente.

 

Was wir wie und was wir wann hören, ist von vielen Faktoren abhängig.
Dazu zählen innere Faktoren (Erfahrungen, Stimmungen etc.) und äußere bzw. technische Faktoren (Temperatur, Raum, Abstrahlung etc.). Zwischen psychologischer Wahrnehmung und akustisch-technischen Gegebenheiten besteht eine wichtige Verbindung. So geht es z.B. in der Psychoakustik auch darum, den objektiv messbaren technischen Schallreiz mit der subjektiven Empfindung des Hörenden zu vergleichen, damit es zu einer Übereinstimmung des Gewünschten mit dem Empfangenen kommt.

 

Dass das, was gesendet wird, auch wirklich so ankommt wie es ist, ist nicht selbstverständlich und hängt von vielen Faktoren ab. Tatsächlich werden Klänge nur zu einem geringen Prozentsatz direkt von ihrem Ursprung zum Hörenden abgestrahlt. Der weitaus größere Anteil der Klänge wird durch den jeweiligen Raum (Decken, Wände, Gegenstände) reflektiert, wobei Winkel, Frequenzen und Laufzeiten unterschiedlich und veränderbar sind. Das unmittelbare Hören vom Lautsprecher zum Ohr ist daher eher eine ungewöhnliche akustische Situation.

 

Wie das, was gesendet wird, bei uns ankommt und wie wir es empfinden, hängt in erheblichem Maße auch von unseren Hörgewohnheiten und von unseren Hörerfahrungen ab.

So gleichen wir z.B. das, was wr hören, stets unbewusst mit unseren Vorerfahrungen und Erinnerungen ab und geben bestimmten akustischen Eindrücken und sogar allein bestimmten Frequenzbereiche instinktiv eine bestimmte Wertigkeit. Beispiel Film und Frequentbereich: So verwenden Tongestalter z.B. auch unabhängig von Kriegs-, Explosions- und Erdbeben-Szenen - tief frequentes Grollen und Brodeln wenn eine bestimmte Film-Situation bedrohlich wirken soll, selbst wenn diese lediglich in einer Alltagsumgebung wie z.B. einem Büro stattfindet, das eigentlich keinerlei Bezug zu Kriegs-, Explosions- und Erdbeben-Szenen darstellt. Der Zuschauer bekommt verpürt dennoch gleiche Gefühl.

 

Obwohl der Bereich der hörbaren Frequenzen bei ca. 16.000 Hz (16 KHz) aufhört, kann der Mensch noch Frequenzen bis über 40.000 Hz (40 KHz) wahrnehmen. Man kann diese hohen Frequenzanteile zwar nicht bewusst hören aber so spüren, dass sie unser Denken und damit unser Handeln in starkem Maße beeinflussen.

 

Es ist jedoch nicht die Frequenz allein, die bestimmt, wie wir etwas empfinden. Die Lautstärke ist ebenfalls ein Phänomen: So kann ein bestimmtes Tonereignis z.B. das Zuschlagen einer Tür, je nach Stimmungslage und Gemütszustand, je nach Vorerfahrung und Erwartung und abhängig vom technischen akustischen Kontext unterschiedlich laut empfunden werden. Finden wir persönlich knallende Türen nervig oder haben wir als Kind gelernt, dass man Türen möglichst behutsam und leise schließen soll, werden wir das Knallen einer Türe lauter empfinden als wenn wir gewohnt sind, rücksichtslos und aggressiv Türen zu knallen. 

 

Sofern das Ereignis zudem in eine ohnehin laute Umgebung z.B. Fabriklärm eingebunden ist, wird man es kaum als besonders laut empfinden z.B. ein Schuss mitten im Kriegsgetöse. Fällt aber mitten in der Stille, dazu in einem einsamen Gebiet oder einem völlig konträrem Raum z.B. Kirche ein Schuss,  dann empfinden wir diesen als sehr laut. Lautstärke kann man nur empfinden, wenn man auch die Stille kennt. Ein wichtiges Moment ist auch die Überraschung: Sofern wir auf ein drohendes lautes Tonereignis vorbereitet sind, empfinden wir es als weniger laut, als wenn wir davon überrascht werden.

 

Unsere Hörerfahrung hat uns in einer gewissen Weise gesättigt, sozialisiert und manchmal auch konditioniert. So verbinden wir mit einer bestimmten Melodie z.B. aus einem bekannten Kino- oder Werbe-Film eine Erinnerung, ein ganz bestimmtes Bild und Gefühl, damit auch ein Produkt- und Wertgefühl und sogar den Drang, etwas bestimmtes zu denken und/oder zu tun. Manchmal ist es sinnvoll, Melodie und Ton daher nicht zu verändern.

 

Dennoch interessant z.B. auch im Musik-Business: Wird durch einen technischen Fehler, den man bewusst einsetzen kann, ein altbekannter Ton verzerrt (Distortion) oder komprimiert (Kompressionseffekt/Übersteuerung) finden wir ihn interessanter. Wir werden quasi aus unserer Gewohnheit aufgeweckt. Damit kann sich zugleich der Eindruck von Lautstärke erhöhen. Auch die Länge des Tons ist entscheidend: Wird ein Ton nur ganz kurz wiedergegeben, empfinden wir ihn leiser, als wenn er länger zu hören ist. Das kommt, weil das menschliche Ohr für Frequenzen zwischen 2.000 und 5.000 Hz besonders empfindlich ist. Wir reagieren dann sensibler.

Unser Gehirn wird also in vielerlei Hinsicht getäuscht oder täuscht sich selbst. So ordnet unser Gehirn für die Bestimmung von Richtungen ähnliche Frequenzen, die aus unterschiedlichen Richtungen kommen, zeitlich zu. Der Schall, der zuerst beim Ohr eintrifft, bestimmt die Richtung, die wir der Schallquelle akustisch zuordnen.

 

In der Tontechnik kann dies alles genutzt werden z.B. um Entspannung oder Anspannung und auch eine bestimmte Dramaturgie zu erzeugen. In der Imageberatung kann durch intelligent ausgesuchte akustische Ereignisse und gesteuerte Tontechnik dazu beigetragen werden, dass Kunden sich wohl fühlen, zum Kauf angeregt werden und darüber hinaus die zu kaufenden Produkte und Dienstleistungen eine höhere Wertigkeit erhalten.

 

Ebenso kann intelligent gesteuerte Psychoakustik dazu beitragen, ein positives Erlebnis (z.B. Kauferlebnis) zu erzeugen, das Kundenbedürfnis der Erlebnisorientierung zu befriedigen, das Erlebnis mit nach Hause zu nehmen, und bis zum nächsten Kauf in positiver Erinnerung zu behalten.

 

Weiterführende Infos

Hintergrundwissen "Psychologie und Musik"
Hintergrundwissen "Psychologie & Raumakustik"