Hintergrundwissen "Ideologie"

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Was bedeutet Ideologie

und worauf basieren Ideologien?
Ideologie bedeutet "Weltanschaung". Eine Ideologie basiert auf einem fest verankertem Glauben an ein ganz bestimmtes Weltbild, das für sich den Anspruch auf Wahrheit und Idealität erhebt, dadurch für abweichende Meinungen und Lehren kaum noch offen ist und stattdessen den Anspruch auf Allgemeingültigkeit besitzt, die entsprechende Verbreitung der Lehre anstrebt und dabei Gehorsam fordert.

 

Von der fixen Idee

bis zum kollektiven Realitätsverlust und Wahnsinn

Ideologien können von einer fixen überwertigen Idee ausgehen und/oder zu einer überwertigen Idee bis hin zu einem Wahn (z.B. Rassenwahn) mit absoluter Richtigkeits-Überzeugung und einem Zwang (Glaubens-Zwang, Bet-Zwang, Gottesdienst-Zwang, Hilfs-Zwang, Opferungs-Zwang, Selbsttötungs-Zwang, Waschzwang, Zertifizierungszwang, Kaufzwang, Energiesparzwang, Armbinden-Tragezwang, Wehrdienst-Zwang usw) führen und von der Negierung anderer Tatsachen und Meinungen über die völlige Verdrehung der Tatsachen bis hin zum völligen Realitätsverlust führen.

 

Auch können Ideologien in problematische oder gewalttätige kollektive Handlungen ausarten (z.B. Kreuzzüge, Inquisition, Holocaust) oder den Untergang des eigenen ideologischen Systems oder eines schwächeren Systems herbeiführen. Erst nach Etablieren moderner Erkenntnisse (zumeist unter Druck, kurz vor oder nach dem Absturz) wird eine Ideologie bewusst wahrgenommen. Nach Erkennung der Falschheit einer Ideologie will niemand die Schuld tragen. Die Ideologie, die zuvor hoch gehalten wurde, wird jetzt verachtetet oder verspottet oder verboten.

 

Wie hat sich der Begriff entwickelt?
Der Begriff stammt aus dem Griechischen (idea = „Erscheinung“ / logos, „Lehre“) und b edeutet eigentlich "Lehre von der Idee" bzw. Lehre von der Vorstellung". Von der reinen Idee und Vorstellung ausgehend hat der Begriff bereits im 18. Jahrhundert neue Formen angenommen: Im Jahre 1796 bezeichnete der französische Philosophe Antoine Louis Claude Destutt de Tracy damit (in Bezug auf ein konkretes Projekt) das Streben  einer einheitlichen Wissenschaft der Vorstellungen und Wahrnehmungen. Ab hier geht der Trend in Richtung Ordnung und Verallgemeinerung, später dann auch in Richtung von Allmacht, Unterwerfung Andersdenkender und Unterdrückung.

 

Individuelle Ideen und subjektive Vorstellungen und dem gegegenüber das Streben nach Ordnung und einheitlicher Wahrnehmung werden von uns Menschen oft so hoch angesetzt, dass wir nicht mehr davon ablassen können und keine andere Meinung oder gar Lehre zulassen bzw. dulden. Daher hat sich im Laufe der geschichtlichen Realität und Erfahrung der Begriff der Ideologie so weit gewandelt, dass man heute von einer "erstarrten Lehrmeinung" spricht, von deren Normen eine Gruppe von Menschen tief überzeugt ist, wobei nichts hinterfragt wird, weder die Grundannahme, noch die möglichen Auswirkungen. Eine ideologische Weltanschauung sagt z.B. dass die Erde eine Scheibe sei. Wer wie Galileo Galilei gegenteiliger Ansicht war oder ist, wird geächtet und ernetet arge Probleme.

 

Um sich Andersdenkender zu entledigen, erfand man die Ketzerei, den Gulak oder Konzentrationslager. DasVorgehen gegen Menschen anderer Ansichten kann aber genau so gut unterschwellig erfolgen.

 

Beispiele:


... Pflicht zum Tragen einer Armbinde (z.B. Judenstern), Einstellungsverbot für Menschen einer bestimmten Religion, Gruppierung oder "Sekte" wie z.B. "Scientologie" (in Deutschland), bestimmte Namensgebungen und Zuordnungen (Rechts, Links), jedoch mit Zuordnung abwertender Zuschreibungen und öffentlicher Ächtung, Kaufverbot und/oder Verkaufsverbot z.B. Verbot des Verkaufs von Glühbirnen, Verbot des Verkaufs von medizinischen Präparaten, die von der Pharma-und Gesundheits-Lobby nicht nach schulmedizinischen Kriterien abgenommen werden, obgleich in anderen Ländern als "empfehlenswert" bezeichnet, Verbot von Cannabis, öffentliches Rauchverbot, Verbot, in Wohnmobilen außerhalb von Campingplätzen zu übernachten, Versammlungsverbot, Verbot von Namen, die einer bestimmten Theorie (z.B. der Gender-Theorie) widersprechen (Umbenennung von "Studenten" in "Studierende", Nichtduldung des Wortes "Neger" und stattdessen Übersetzung vom Romanischen ins Deutsche "Der Schwarze", Antrag auf ein Gesetz, dass es verbietet, Frauen öffentlich (ohne Erlaubnis) ein Kompliment zu machen, Pflichtabgaben an eine Kammer, Zertifizierungs-Zwang, früherer Meister-Zwang für Handwerker, Verbot bestimmter Literatur, Verbrennung von volksverhetzenden oder undeutscher Literatur (öffentliche Bücherverbrennung unter Führung von Joseph Goebbels), Ausreiseverbot für DDR-Bürger usw.

 

Die Palette unterschwelliger Maßnahmen, die auf unterschiedlichsten Ideologien basieren, ist schier unerschöpflich. Einige dieser Maßnahmen und "Auswüchse" sind uns bewusst, andere weniger. Wir halten sie (iinerhalb unserer eigenen Ideologie bzw. unserer Anpassung und Gewöhnung an eine solche Ideologie) mittlerweile für normal.

 

Nicht-Wahrnehmung - Wahrnehmungstrübung - Negierung - Wahn - Aufwachen
Die Falschheit oder Einseitigkeit oder (bei Übertreibung zumindest) den Wahn an der Sache merken die meisten Menschen, die in einer Ideologie leben zumeist nicht, da sie (bis auf Revolutionäre, Untergrundkämpfer etc.) bereits selbst Teil der betreffenden Ideologie(n) sind. Es kommt zu sogenannten "Selbstwertdienlichen Verzerrungen" und/oder dem "Effekt der kognitiven Dissonanz-Reduktion". Manchmal kommt es sogar zur sogenannten "Umkehr" bzw. zur völlig konträren Verdrehung der Tatsachen z.B. wenn die Fähigkeit zur Einsicht nicht gegeben ist. Manchmal sind es aber auch die "Revolutionäre" selbst, die eine Ideologie verfolgen, die sich später - aus einem anderen perspektivischen oder geschichtlichen Blickwinkel heraus betrachtet - als falsch, verkehrt, überholt oder einseitig zeigt - sogar derart, dass sie am liebsten gegen ihr früheres Selbst aufbegehren würden. Ganz nach dem Motto: "Wie konnte ich nur!?" Wer zu solch einer Einsicht tatsächlich noch irgendwie fähig ist, der unterlag zuvor keinem Wahn, sondern vermutlich vielmehr einer fixen Idee.

 

Erkennung von Ideologien
Was müssen all die Menschen gedacht haben, die gestern noch Hakenkreuzfahnen schwingend und Durchhalteparolen brüllend felsenfest an den "Endsieg glaubten und sich - obgleich von allen Seiten längst erobert - noch dem "Feind" "bis zur letzten Patrone" entgegenwarfen, ihre desertierenden Kameraden mit einem Schild mit der Aufschrift "Volksverräter" um den Hals abknüpften und teilweise bereits am nächsten Tag den vermeintlichen Feind als "Freund und Helfer" erkannten, um ihn 70 Jahre später teilweise abermals für seine "Einmischungen" und seine Weltpolizei-Ideologie" zu kritisieren, obgleich man selbst sich eben auch überall einmischt, nur eben mit anderen Mitteln und Ritualen.

 

Der Schauspieler Mario Adorf hat das Gefühl, dass er als Jugendlicher hatte, in seinem Buch "Himmel und Erde - Unordentliche Erinnerungen" von 2004 sehr gut beschrieben:

 

"Die Reichskriegsflagge, die seit Kriegsbeginn da oben auf dem Goloturm flatterte, wurde eingezogen und nach einigen Sekunden erschien ein weißes Tuch, das hochgezogen wurde. Der Leutnant schrie wütend in sein Telefon: Sabotage! Welcher Wahnsinnige hat befohlen, die Reichskriegsflagge einzuholen? Den Kerl lass ich an die Wand stellen! Runter mit dem weißen Fetzen und Fahne hoch!... Das Häuflein unseres Volksstums war kaum mehr als einen halben Kilometer unterwegs, als Franz sagte: Das Ganze halt! Waffen vorsichtig rechts in die Büsche legen! So! Das War´s. Für uns ist der Krieg zu Ende... ab nach Hause zu Mutti, und zieht die Uniformen aus!... Ich lief nach Hause... zog die Uniform aus...rollte meine Uniform zusammen, steckte das Fahrtenmesser noch hinzu... und schmiss das Bündel hinter dem Haus in die Ahl Baach, wie die Nette von den Mayenern genannt wird. Und ich warf auch das dicke Buch hinterher, das mir Lehrer V. einsgeschenkt hatte: Hitlers Mein Kampf... Ich sah mich schon hinter der Panzersperre liegen, die Panzerfaust auf einen amerikanischen Panzer gerichtet - ich fürchte, ich hätte geschossen."

 

Den Erfahrungen der Geschichte nach, spricht man zumeist erst dann von einer Ideologie, wenn sich später neue Erkenntnisse zeigen und etablieren, die aufzeigen, dass die bisherige Weltanschauung veraltet oder falsch war. Auch in psychologischer Hinsicht werden Ideologien zumeist dann erst als solche erkannt. In sozialwissenschaftlicher Hinsicht erfolgt die Erkennung von Ideologien als solche insbesondere dann, wenn sie gesellschaftlich erkannt und geächtet werden.

Während der Kommunismus von Menschen aus der kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung als Ideologie bezeichnet wird, bezeichnen Kommunisten den Kapitalismus als Ideologie. Eine Ideologie entsteht insbesondere dann wenn eine gemeinschaftliche Idee zur Wahrheit erhoben und kaum noch hinterfragt wird.

Ideologien: Wir sind davon umgeben und leben selbst darin
Entsprechend den Lehren der Geschichte bezeichnen wir den Kommunismus und den Faschismus als Ideologien. In Wirklichkeit vertreten Teile unsere Gesellschaft durchaus vergleichbar vehement ihre eigene Weltanschauung, wobei sie nicht verstehen, dass es so viele Menschen (angeblich bzw. scheinbar Dumme oder Ungläubige) gibt, die ihre absolute Logik nicht leben oder nicht verstehen.

 

Ideologien gibt es nicht nur in der Politik und in der Religion. Es gibt auch Moralvorstellungen, die - obgleich es vielen nicht bewusst ist- derart vehement und aggressiv vertreten und sogar staatlich indoktriniert werden, dass einem aus sachlicher Sicht geradewegs "Angst und Bange" wird.

 

Das besonders Interessante daran ist u.a. die Tatsache, dass dies - anders als z.B. beim Kommunismus oder Faschismus - den Menschen, die ihre Lehren und Moralvorstellungen verbreiten und vehement durchsetzen wollen, selbst kaum bewusst ist. Sie leben in einer eigenen subjektiven inneren Überzeugung, dass sie niemand davon abbringen - und erst recht nicht vom Gegenteil überzeugen - kann.

 

Das bezieht sich nicht etwa nur auf bestimmte politische Parteien, religiöse Bewegungen und sonstige Interessengruppen, sondern auch auf Wert- und Moralvorstellungen wie das Helfersyndrom in Bezug auf Entwicklungshilfe und Flüchtlingspolitik oder den Bereich Ökologie und Naturschutz. Die Kriminalisierung bestimmter Personengruppen und Andersdenkender halten wir mittlerweile für normal, obwohl sogar die Gesetzgebung das anders sieht.

 

Wie in der Ideologie des Dritten Reiches kann auch im Deutschland des 21. Jahrhunderts die Tendenz beobachtet werden, bestimmten ideologischen Stömungen derart (teils unbewusst) zu folgen, dass sich sogar neue Normen, Rituale und Gesetze etablieren, die bestimmte Menschen diskriminieren und ächten und bestimmtes Denken und Verhalten unter Strafe stellt.

 

Öffentliches Rauchen wird ebenso geächtet wie Menschen, die sich nicht bestimmten Moralvorstellung der sogenannten "unbegrenzten Hilfe für Asylsuchende" beugen. Andere Meinungen werden nicht nur geächtet, sondern sogar untersagt. Einmischung in andere Länder gilt als Hilfe, nicht aber als das, was es eigentlich ist. Begriffe und Worte werden umgedeutet. Ins Deutschland des 21. Jahrhunderts schleichen sich Ideologien ein, die nur wenige wahrnehmen und gegen die nur wenige Menschen sich trauen, aufzubegehren: Weil Frauenrechtler und Gender-Befürworter sich durch eine reine Diskussion mit Gegenargumenten diskriminiert fühlen, löscht erstmals in der Geschichte des Nachkriegsfernsehens ein Sender die betreffende Talk Show aus der Mediathek und es kommt zur Verunglimpfung jener Menschen, die anderer Meinung sind und ihre Meinung äußern.

 

Wie zeigt sich die Etablierung von Ideologien?

Durch Verschleierung, durch einseitige Presseberichterstattung, die selbst die betreffenden Journalisten wie dies auch im Dritten Reich der Fall war, aus eigener Sicht nicht mehr wahrnehmen. Selbst für groteske Zustände und Bestrebungen werden Rechtfertigungen gefunden, die dem zweckdienlichen Interessen dienen.
Zum Zwecke der Argumentation werden bestimmte Gäste in Talk Shows geladen, andere hingegen nicht. Das trifft auch auf wissenschaftliche Beweise zu. Sie werden geleugnet als wären sie nicht da. Kritiker werden immer mehr verunglimpft und der Anspruch auf Allgemeingültigkeit ertönt in politischen Debatten und wird über die Medien transportiert. Stets wird eine alleinige Wahrheit und Alternativlosigkeit dargestellt und selbst wider besseren Wissens neue Normen erhoben.

 

Aus "Meinungen" werden "Wahrheiten". Aus "Wahrheiten" werden "Erkenntnisse", aus "Erkenntnissen wächst ein "Glaube" mit entsprechenden Erwartungen, die sich dann entsprechend dem "Effekt der Selbsterfüllenden Prophezeiiung" selbst erfüllen. Es kommt zur tiefen Überzeugung und zur Blindheit gegenüber allem anderem, das nun nicht nur übersehen und / oder negiert wird, sondern bekämpft und "vernichtet" werden muss.

Je extremer derartige Kennzeichen sind, desto eher spricht man auch von dogmatischen Ideologien wie diese zum Beispiel im Stalinismus oder im Nationalsozialismus vorlagen und auch im radikalen Islamismus, der sich rasant ausbreitet und dafür einen ausgezeichneten Nährboden findet. In Ländern, in denen die Ideologie der Wohltätigkeit und Großzügigkeit herrscht und Verantwortung, Datenschutz sowie radikale Hilfe für alle Menschen in und aus anderen Ländern gepredigt wird (und darüber hinaus die Doktrin, dass Menschen die anders denken Rassisten sind), kann sich jede Ideologie, die sich mit Gewalt Gehör verschafft und ihre Aufmerksamkeit genau auf diese Lücke abzielt, letztendlich etablieren und sich der naiveren Ideologie gegenüber durchsetzen.

 

Ideologische Organisationen wie der IS und andere Terrororganisationen werden daher nur schwer bekämpft werden können, allein weil unsere eigene Ideologie - im Gegensatz zu sich durchsetzenden Ideologien - klare Grenzen zieht und die moralischen Wertemaßstäbe über den eigenen Selbstschutz stellt. Dies zeigt sich sogar bei Polizeieinsätzen: Nach einem Schusswechsel gegen einen angreifenden Täter sieht sich der Polizeibeamte einem enormen Rechtfertigungsdruck ausgesetzt und es gibt viele, die dem Polizeipsychologen ihr Leid klagen, weil sie sich nun selbst in Ausübung ihres Dienstes gefühlsmäßig wie Straftäter behandelt finden.

Wenn selbst die Machthaber (z.B. die führenden Politiker) eines Staates sich von einer ganz bestkimmten einseitigen Gesinnung oder einer bestimmten politischen Theorie leiten lassen, ohne diese zu hinterfragen bzw. ohne den Mut, diese in der Öffentlichkeit zu hinterfragen, spricht man von einer Doktrin. Sofern eine derartige Doktrin nun auf Widerstand oder Reibung trifft, entfacht ein Machtkampf zur Durchsetzung. Zumeist führt dies zu sozial problematischen bis hin zu destruktiven gesellschaftlichen Entwicklungen und Ausuferungen. Die Inquisition ist dafür ein ebenso passendes Beispiel wie der Holocaust. Sofern Bürger aufbegehren, müssen sie aus Sicht der Führer, welche die Doktrin selbstschützend verteidigen, kriminalisiert, geächtet, bestraft, ausgewiesen oder getötet werfen - allein schon um die Machtverhältnisse zu sichern und auch zu rechtfertigen.

Eine Ideologie erkennt man zumeist erst dann, wenn neue Erkenntnisse einen einholen.
Man kann aber auch früher beginnen, die Dinge zu hinterfragen z.B. dadurch, dass man Verhalten und Kommunikation (von sich selbst und anderen) hinterfragt und mehr darauf achtet, was mit einem selbst geschieht.


Der jüdische Talmud lehrt hierzu:


"Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte.
Achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen.
Achte auf deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten.
Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charaker.
Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal."


 

Überleben in übermächtigen Ideologien

Das Überleben übermächtiger Ideologien beschreibt Bertolt Brecht in seinen
"Geschichten vom Herrn K" in "Maßnahmen gegen die Gewalt" recht treffend:

Als Herr Keuner, der Denkende, sich in einem Saale vor vielen gegen die Gewalt aussprach, merkte er, wie die Leute vor ihm zurückwichen und weggingen. Er blickte sich um und sah hinter sich stehen - die Gewalt. "Was sagtest du?" fragte ihn die Gewalt. "Ich sprach mich für die Gewalt aus", antwortete Herr Keuner.

Als Herr Keuner weggegangen war, fragten ihn seine Schüler nach seinem Rückgrat. Herr Keuner antwortete: "Ich habe kein Rückgrat zum Zerschlagen. Gerade ich muß länger leben als die Gewalt." Und Herr Keuner erzählte folgende Geschichte:

In die Wohnung des Herrn Egge, der gelernt hatte, nein zu sagen, kam eines Tages in der Zeit der Illegalität ein Agent, der zeigte einen Schein vor, welcher ausgestellt war im Namen derer, die die Stadt beherrschten, und auf dem Stand, daß ihm gehören soll jede Wohnung, in die er seinen Fuß setzte, ebenso sollte ihm auch jedes Essen gehören, das er verlange; ebenso sollte ihm auch jeder Mann dienen, den er sähe.

Der Agent setzte sich in einen Stuhl, verlangte Essen, wusch sich, legte sich nieder und fragte mit dem Gesicht zur Wand vor dem Einschlafen: "Wirst du mir dienen?"
Herr Egge deckte ihn mit einer Decke zu, vertrieb die Fliegen, bewachte seinen Schlaf, und wie an diesem Tage gehorchte er ihm sieben Jahre lang. Aber was immer er für ihn tat, eines zu tun hütete er sich wohl: das war, ein Wort zu sagen.

Als nun die sieben Jahre herum waren und der Agent dick geworden war vom vielen Essen, Schlafen und Befehlen, starb der Agent. Da wickelte ihn Herr Egge in die verdorbene Decke, schleifte ihn aus dem Haus, wusch das Lager, tünchte die Wände ,atmete auf und antwortete: "Nein."