Hintergrundwissen "Vertrauensverlust der Medien?"

Mehrwert-Infos für Vielleser, Mehr-Wisser, Besserwisser

Über 48 Millionen Deutsche lesen laut Statistik mehrmals wöchentlich in irgendeiner Zeitung. Die Verkaufszahlen in Deutschland sind jedoch seit längerer Zeit rückläufig. Das bezieht sich auch auf die Werbeumsätze der Zeitungen, die in den letzten Jahren ebenso deutlich zurückgegangen sind.

 

Auch die Nachrichten-Berichterstattung im Fernsehen weist gemäß diverser Statistiken sinkende Zuschauerquoten auf. Während die 19 Uhr-Ausgabe der Nachrichtensendung ""heute" vor etwa 20 Jahren noch fast sieben Millionen Zuschauer erreichte, sind es - der Statistik und Berichterstattung nach - aktuell weniger als die Hälfte. Gemäß den Zahlen von media control erreichte die "Tagesschau" der ARD erstmals weniger als fünf Millionen Zuschauer. Dabei hatte die "Mutter aller deutschen Fernsehnachrichten" noch vor etwa 20 Jahren noch über 8 Millionen Zuschauer. Natürlich liegt der Rückgang auch daran, dass zwischenzeitlich viele weitere TV-Sender und neue Medien im Internet hinzugekommen sind.

 

Wie auch immer: Mit Nachdruck arbeiten die Sender daran, ihr Image aufzupolieren. Dazu zählt auch die neue Erkennungsmelodie zum 60-jährigen Jubiläum der Tagesschau. Auch die Zeitungen arbeiten über den Vertrieb, insbesondere den aktiven Telefonvertrieb mit kostenlosen Probeausgaben mit Nachdruck daran, sinkenden  Absatzzahlen entgegenzuwirken. Tatsächlich wird aber immer weniger Zeitung gelesen.

 

Das liegt nicht nur am Medium der Papier-Zeitung an sich, sondern auch an der Art und Weise der Berichterstattung. In einer großen Titelstory analysierte die Zeitung "Die Zeit" vor kurzem den Vertrauensverlust der Medien in der Bevölkerung. Laut Umfrage hat die Mehrheit der Bevölkerung bezüglich wichtigen Themen kein Vertrauen mehr in die Berichterstattung der Medien. Auch andere Umfragen führen zu diesem Schluss.

Als ursächlich sehen die Leser und Zuschauer die extreme "Subjektivität" der Medien,  die aus Sicht der Verbraucher "keine verlässlichen Informationen" zur möglichst objektiven  Einordnung des Weltgeschehens mehr liefern. Vielerorts grassiert mittlerweile sogar der Begriff der "Lügenpresse". Wie auch immer dieser Begriff ausgelegt wird (z.B. ob sachlich oder unsachlich): Viele Leser und Zuschauer fühlen sich nicht mehr angesprochen. Sie finden ihre Sicht der Dinge nicht wieder, zumindest nicht so, dass sie es verstehen.

 

Viele Menschen berichten sogar, dass sie sich beim Lesen von Nachrichten und beim Zuschauen (TV-Nachrichten) regelrecht ärgern. Bei manchen Presseberichten und Kommentaren zweifeln Leser und Zuschauer an ihrem "gesunden Menschenverstand". Man meint, dass Journalisten, Probleme verharmlosen, ja sogar schön reden, während Journalisten Kritik an dem üben, was angeblich öffentliche Meinung ist und der gesunde Menschenverstand vorgibt. 

Auch ausanderen Gründen brechen den Zeitungen die Leser weg. Die Informationen aus dem Internet sind einfach schneller und dazu schneller vergleichbar. In den sozialen Medien fühlen sich viele sogar besser aufgehoben als in der Presse an sich. Pauschale Informationen reichen anscheinend deshalb, weil die Presse es angeblich auch nicht anders zeigt. Bei ihrer Aufgabe, wichtige komplizierte Sachverhalte verständlich zu erklären, scheitern die Medien immer mehr an sich selbst aber auch am Verbraucher bzw. Leser, der gar nicht mehr so viel lesen mag wie früher. Schließlich ist er überall völliger Reizüberflutung ausgesetzt.

 

Da scheint dann die kurze knappe Information und Pauschalisierung zu reichen. Die Prüfung der Fakten entfällt ebenso wie der Anspruch auf Wahrheit. Dem steht gegenüber, dass viele Leser "ihre" Wahrheit und damit Meinung nicht wiederfinden und nicht vertreten fühlen. Sicher ist eine seriöse Nachrichten-Zeitung kein Meinungsmagazin bzw. "Meinungsmache-Magazin", dennoch versteht der Leser oft die Zusammenhänge nicht. Diese beziehen sich aber teilweise mehr auf unlogisch erscheinendes politisches Handeln als auf die Presseberichterstattung an sich.

 

Beispiel: Da hat Griechenland mit "Nein"gegen die Rückzahlung von Schulden und auch mit "Nein" zu Europa gestimmt, wird aber weiter eingeladen, gegen Vorlage neuer Vorschläge, erneute Gelder zu beantragen bzw. ggf. zu erhalten. Jeder Mensch, der seinen Kredit mühsam abbezahlt, fragt sich natürlich, wie so etwas überhaupt möglich ist - und was er selbst vielleicht falsch macht. Wenn die Logik des Verstandes und des Gelernten ad adsurdum geführt wird, kommt es zu vielen Missverständnissen und Fehlinterpretationen - auch seitens der Presse. Hinzu kommt die Angst vor "öffentlicher Meinungsmache", weshalb die absurdesten Nachrichten natürlich sachlich berichtet werden. Das wirkt auf den Verbraucher jedoch oft so als würde man jeden Tag aufs Neue "Gauner und Betrüger festnehmen und sofort wieder freilassen und belohnen und dabei so tun als wäre das völlig normal, sachlich und logisch"

 

Aus Sicht der Leser und Zuschauer werden in den Medien "viele Halbwahrheiten" und leider auch "Unwahrheiten" verbreitet. Woran das - oder zumindest diese Wahrnehmung - genau liegt, wurde von uns aktuell noch nicht untersucht. Es gibt aber zumindest eigene subjektive Erfahrungswerte: In vielen Interviews, die Andreas Köhler, Chef von ib gab, heißt es nicht selten: "So genau wollen unsere Leser das jetzt nicht wissen." Wenn Köhler entgegnet, es könne sonst ggf. falsch rüber kommen,  findet dies in der Regel wenig Gehör. Dadurch entfallen wichtige Zusammenhänge. Alternativ werden die Aussagen auf Pauschalinformationen zurückgeschnitten bzw. auf Aussagen gekürzt, die (Zitat Andreas Köhler) "jeder Bauer in der Kneipe ebenso machen könnte". Stets heißt es: Das wäre eben so üblich bzw. Der Leser wolle das so. Ist das wirklich so? Journalisten sollten ihre Leser und Zuschauer entsprechend befragen - aber eben auch jene, die das entsprechende Medium nicht (mehr) lesen oder die Sendung nicht (mehr) anschauen.    

Ob die Leser den Medien in Bezug auf ihre fehler- und lückenhafte Berichterstattung nun Schlamperei, Unwissen oder böse Absicht vorwerfen, ist im Endresultat erst einmal egal. Entscheidend ist, dass unter dem Strich immer wieder das Schlagwort "Lügenpresse" und darüber hinaus Zuordnungen in bestimmte politische Gesinnungen auftauchen – und genau das stellt eine gravierende Gefahr für die Seriösität unddas Image der Nachrichten-Presse und der Medien an sich dar.

 

Eine ähnliche Gefahr besteht im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit von Politikern, die sich aus den Augen der Wähler und Steuerzahler (z.B. insbesondere im Verlaufe der Griechenland-Krise) an der Nase herumführen lassen. Hinzu kommen neue Vorbild-Politiker im negativen Sinne. Alexis Tsipras und seine Regierung verhalten sich nicht gerade glaubwürdig, seriös und vertrauensbildend. Dennoch scheinen sie in den Augen der Öffentlichkeit immer noch sehr ernst genommen - sogar verstanden zu werden, obwohl die eigene Erziehung der Leser und Zuschauer immer etwas anderes gesagt hat.

 

Aus der Sicht der Betrachter scheinen unseriöse Verhaltensmuster dann also doch in Wahrheit ein probates Mittel zum Zweck sein. Allein die Tatsache, dass die Presse bemüht ist, sachlich-nüchtern zu berichten, was ja eigentlich auch ihre Aufgabe ist, führt hier ganz deutlich zu einem Rückkopplungseffekt. Manchmal erwartet der Leser und Zuschauer eben auch klare Statements z.B. ein klares "Nein" oder ein "Stopp" wie dies in anderen Ländern der Fall ist. Aber selbst die Kommentare, die diese Aufgabe wahr nehmen, tun dies nicht und wenn, dann (aus Sicht der Leser und Zuschauer) "immer" zu Gunsten "der anderen" bzw. "zu Gunsten einer Minderheit", zu der die meisten Leser und Zuschauer aber eben nicht zählen.