Hintergrundwissen "Neid" und "Missgunst"

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Einführung

Wie kommt es, dass in Deutschland z.B. ein Porschefahrer bereits beim Kauf seines Autos davon ausgehen kann, dass er aufgrund der Zurschaustellung seines Status-Symbols sich durch Menschen verursachte Kratzer einfängt, während die gleichen Fahrzeug-Besitzer in einigen anderen Ländern (z.B. USA) eher neugierig gefragt werden, wie sie zu ihrem tollen Fahrzeug gekommen sind? Wo ist der Unterschied?
Tasten wir uns mit Hilfe der Sozialpsychologie und Soziologie an das Phänomen "Neid" heran!

Definition

Neid bezeichnet den Wunsch, selbst über die (materiellen oder nicht materiellen) Güter anderer Personen zu verfügen. Neid unterscheidet sich in mehrere Formen
mit unterschiedlichen Ausprägungen. Es gibt jedoch zwei grundlegend unterschiedliche Arten von Neid:

Auf der einen Seite gibt es den "Konstruktiven Neid" ("Weißer Neid"),
bei dem man den Besitzer eines Gutes, das man (bewusst oder unbewusst) selbst gerne hätte, als Vorbild betrachtet und sich entsprechend konstruktiv verhält,
um selbst auch in den Besitz des gewünschten Gutes zu kommen.

Auf der anderen Seite kennen wir den "Destruktiven Neid" ("Schwarzer Neid"),
bei dem das Gefühl eines Mangels zu negativen Gefühlen, ja sogar zu bösartigem Verhalten führt. Destruktiver Neid (= Missgunst) ist ein negatives Gefühl der Ungleichheit und des Nicht-Gönnens, das automatisch eine ablehnende innere Haltung und ggf. automatisch unbewusstes oder bewusstes negatives Verhalten mit sich zieht.

Destruktiver Neid: Gefühle und Verhalten

Soziologen unterscheiden konkret vier verschiedene Formen von destruktivem Neid:

a)  feindselig schädigend

b)  ehrgeizig stimulierend
c)  empört rechtend
d)  depressiv lähmend

Destruktive Neid-Gefühle können sein:

a)  Ablehnung

b)  Verärgerung

c)  Missgunst

d)  Hass
e)  Schadenfreude etc.

 

Das negative Verhalten von Menschen mit destruktiven Neid-Gefühlen
kann sich u.a. zeigen in:


a)  Unterlassen oder Verweigerung von Lob und Komplimenten,
b)  unfreundlichem Verhalten,
c)  kritisch anmutender Mimik und Gestik,
d)  herabwürdigender Mimik und Gestik,
e)  kritischen Bemerkungen und Fragen,
f)   verbalisierten Zweifeln, Abreden, Anführen von Gegenargumenten,
g)  verbalisierter Zurschaustellung von Ablehnung,
h)  übertrieben freundlichem Verhalten zwecks Überspielung der eigentlichen
     Haltung und Absichten,
i)   Verbalisiertes Zurückführen des Gutes auf bestimmte Motive,
j)   wenig konstruktivem Verhalten z.B. mangelnder oder herabgesetzter
     Kooperationsbereitschaft,

k)  kooperationbehinderndem Verhalten (bewusste Behinderung),
l)   destruktiv-zerstörerischem Verhalten (Sabotage, Herbeiführen eines Schadens) 

m) Denunziation / Verleumdung

n)  übler Nachrede (Rufmord)

o)  Verrat usw.

Neid & Gerechtigkeitssinn

Nicht selten führt destruktiver Neid bei dem Neidenden (Neider) zu dem Wunsch,

dass der Beneidete die geneideten Güter verliert oder anderen Schaden erleidet.
Alternativ oder ergänzend unterstellt der Neidende (Neider) dem Beneideten,

dass der Besitz oder die Verwendung des geneideten Gutes nicht gerechtfertigt sei, weil sie z.B. zweifelhaft zustande gekommen - oder rein egoistisch motiviert sei. Verwechselt wird diese Haltung und Argumentation oft mit dem Begriff des Gerechtigkeitssinnes.

 

Genau damit wird aber sehr gerne argumentiert, woraus oft berechtigt oder unberechtigt geschlussfolgert bzw. unterstellt wird, dass Menschen,

die häufig mit ihrem Sinn für Gerechtigkeit argumentieren und/oder gerne klagen,

mit dem Gefühl des destruktiven Neids behaftet seien. Zumindest besteht ein Zusammenhang, der jedoch nicht mit echtem Gerechtigkeitssinn verwechselt werden darf.

 

Zudem muss im Einzelfall kritisch hinterfragt werden, ob eine bevorteilte Partei den Begriff des Neides nicht etwa zur Diskreditierung des Gerechtigkeitssinnes der benachteiligten Seite verwendet. Auf der anderen Seite sollten bei Rechtsstreitigkeiten aber auch die wahren und ggf. unbewussten Motive hinterfragt werden, schließlich ist auszuschließen, dass destruktiver Neid die Ursache bzw. das eigentliche Motiv für den jeweiligen Rechtsstreit darstellt.

Neid & Status

Neid steht in einem Zusammenhang mit Image und Status. Menschen mit einem eher niedrigem inneren Status-Gefühl ärgern sich insbesondere in Interessenskonflikt-Situationen so sehr über die vermeindliche Durchsetzung des höheren Status,

dass über das Gefühl der Arroganz auf der einen Seite sowie das Gefühl der Unterlegenheit oder Hilflosigkeit auf der anderen Seite vehement gegen den vermeindlich arroganten höheren Status aufbegehren und sich gerade dadurch

schwach geben. Wer das Gefühl des destruktiven Neids empfindet, wird es schwer haben, seine innere Haltung und damit auch sein äußeres (Kommunikations-) Verhalten geschickt und wirkungsstark zu regulieren, allein schon deshalb, weil der
vermeindlich höhere Status nicht akzeptiert wird und man sich dadurch selbst mental und nach außen sichtbar erniedrigt, ohne es selbst zu wissen bzw. zu bemerken.
Sofern sich das destruktive Verhalten nicht in Kommunikation manifestiert,
kommt des nicht selten zu mutwilligen Sachbeschädigungen, allein aus dem Ärger
über den Status. Gegenstände, die als Status-Symbole angesehen werden, 
geraten so in den Fokus destruktiv neidender Menschen mit einem Status-Komplex.

Sichtweisen und Beispiele

Destruktiver Neid gilt als ethisch und moralisch verwerflich, während konstruktiver Neid insbesondere in manchen Ländern als erstrebenswerte Sozialkompetenz angesehen und mehr gelebt wird als in Deutschland.


immer wird destruktiver Neid offen gezeigt. In vielen Fällen wird er verschwiegen oder geleugnet, allein schon deshalb, weil dies als Eingeständnis der Unterlegenheit gegenüber der beneideten Person gewertet würde. Als Ursache für destruktiven Neid sind Charakterschwächen (Kleinmut, mangelndes Selbstvertrauen, Schamgefühle, selbst empfundene Unterlegenheit, Status-Unterlegenheit, überzogener Ehrgeiz usw) aber auch Soziale Inkompetenz, geringe Emotionale Intelligenz sowie einige schwerwiegende Persönlichkeitsstörungen.


Positive Dinge (Status, Status-Symbole, Geld, Ruhm, Wissen etc.) die andere haben, man selbst aber nicht, führen bei Vorliegen von Mangel, Komplexen und Störungen zu negativen Gefühlen wie Ärger, Wut und Hass, die dann auf der einen Seite zu selbstwertdienlichen Verzerrungen und anderen Erklärungen und Umdeutungen nach dem Wirkungsprinzip der kognitiven Dissonanz-Reduktion führen (z.B. "Menschen mit Geld sind alle Betrüger", "Ich selbst will das gar nicht. Ich brauche so etwas nicht. Ich will natürlich bleiben", "Der Weg ist das Ziel", "die Gesellschaft ist schuld" etc.),
auf der anderen Seite aber auch zu entsprechenden Handlungen bis hin zu Sachbeschädigungen oder körperlichen Gewaltakten in Bezug auf die Beneideten
oder sich selbst.


Konstruktiver Neid gilt hingegen als neutrales (Deutschland) bis positives (USA) Gefühl, da auf der einen Seite kein destruktives Verhalten daraus resultiert und auf der anderen Seite sogar ein Ansporn (Ehrgeiz) besteht, es anderen gleich zu tun und bestimmte Ziele zu erreichen. Die Bemühungen seitens des konstruktiven Neiders, selbst die geneideten Güter zu erlangen, können zu hoher Motivation und Leistungsbereitschaft und damit zu erhöhter Leistung führen. Persönlich wie gesellschaftlich ist dieser Ehrgeiz ein klarer Vorteil und sogar ein wichtiges gesellschaftliches und marktwirtschaftliches Gut. 


Das Eingeständnis des konstruktiven Neids seitens des Neidenden kann sogar sehr positiv als "Größe" bzw. "Charakterstärke" angesehen wird. Bewusst geäußerte wohlwollende Anerkennung von Vorteilen anderer basiert grundsätzlich auf einer positiven Grundeinstellung gegenüber der beneideten Person und steht in Verbindung mit ausgeprägter Sozialkompetenz (Beispiel: "Ich finde das toll, was er macht und was er erreicht hat.")

 

Auch besteht keine Absicht, Ungleichheit zwanghaft zu beseitigen. Der konstruktiv Neidende gibt eine Schwäche zu und erklärt das Erreichen von Gütern, die andere vorleben, auch zu seinem Ziel. "Ich will auch so sein wie er.", "Ich will auch groß rauskommen wie dieser Star", "Ich will mir auch ein solches Haus und Auto leisten können". Das Gegenteil wäre z.B. die Umdeutung des destruktiv Neidenden (siehe Selbstwertdiendliche Verzerrung, Effekt und Wirkungsprinzip der kognitiven Dissonanz-Reduktion, Umdeutung, Umkehr etc.) 
"Der hat einfach nur Glück gehabt, sonst nichts.", "Alle Reichen haben ihr Geld nicht auf ehrliche Art und Weise verdient", "Ich selbst brauche das nicht. Ich finde so etwas eher oberflächlich oder verwerflich."  


Ein Beispiel für konstruktiven Neid wäre z.B. die Situation des Rentners, der junge Menschen für ihre Jugend, ihre Frische, ihre Gesundheit und Unbeschwertheit beneidet und ihnen diese Zustände nicht etwa missgönnt, sondern sich vielmehr daran erfreut: "Ich beneide diese Jugendlichen für ihre Unbeschwertheit. Ich wäre auch noch mal gerne so jung, gesund und unbeschwert."


Das Gegenteil wäre z.B. ein Rentner, der sich ständig darüber beklagt oder beschwert, dass Kinder und/oder Jugendliche so wild herumtoben.


An diesem Verhalten erkennt man zugleich die eigentlichen bzw. wahren Motive,

denn dieser Mensch ärgert sich darüber, nicht mehr jung zu sein.

In Wahrheit wäre er - auch wenn er es nicht zugibt und sich das selbst ebenso wenig eingesteht - selbst gerne auch noch einmal so jung, lebendig und unbeschwert.

Er wird jedoch genau das Gegenteil behaupten und dafür unzählige Argumente bringen, warum es ihm keinen Spaß machen würde, noch einmal so jung zu sein. Ähnlich verhält sich die bei der Erfolgen und der Erreichung von Zielen.


Die Entstehung von Neid basiert damit - ebenso wie in Bezug auf Status -

auf einer inneren Geisteshaltung, die persönlichkeits- und sozialisationsbedingt ist.

Zielerreichung, Erfolge und Selbstschutz

Sowohl bei der Formulierung, als auch bei der Verfolgung Ihrer Ziele stoßen Menschen in Deutschland auf viele Personen, die Ihnen ihre Ziele ausreden und ihre Leistungen und Erfolge hinterfragen oder in Abrede stellen. Spätestens bei der Erreichung von Zielen werden erfolgreiche Menschen auf Personen treffen, die ihnen den Erfolg nicht gönnen. Aber auch schon vorher wird man viele Stimmen hören, die einem Ziele, Wünsche und Sehnsüchte ausreden.

 

Wer große Ziele hat, sich verwirklichen will und erfolgreich ist, stößt in Deutschland sehr oft auf Missgunst. Der destruktive Neid entspringt immer einem Vergleich, bei dem man selbst eher schlecht abschneidet. Es ist aber geradezu unmöglich, Ziele zu erreichen, Erfolg zu haben, sich selbst zu verwirklichen, Neuerungen vorzunehmen, etwas zu verbessern oder ein hohes Amt zu bekleiden, ohne ungleich zu werden.

 

Erfolg haben, hohe Ziele anstreben, etwas erreichen, sich selbst verwirklichen und viel Geld verdienen, gilt bei vielen Menschen als unanständig. Sie reagieren negativ z.B. mit Häme, Spott, Abrede, Kritik und ggf. Aggression. Dessen sollte man sich bewusst sein und sich positiv mental darauf vorbereiten, insbesondere, wenn man selbst mit der Kommunikation seiner Ziele, seinen Selbstverwirklichungs-Absichten und seines Erfolges nicht gerade zurückhaltend sind.

 

Es wird immer Menschen geben, die einem „den Vogel zeigen“, die einen „als Spinner belächeln“, die bemüht sind, einem seine Ziele auszureden, sich von einem distanzieren oder einen gar angreifen. Man kann sich vor schwarzem Neid und Missgunst schützen, indem man Neider ignoriert, seine Kontakte und sein Umfeld hinterfragt, seine Ziele und seinen Erfolge anderen verschweigt oder aber seinen Erfolg und Wohlstand, wie immer er auch geartet ist, mit anderen großzügig teilt.

Weiteres Hintergrundwissen

Neid ist ein psychologisches und soziologisches Phänomen und basiert auf Ungleichheiten. Das Gegenteil von Neid ist Dankbarkeit

 

Anders als in den USA, wo mit Neid eher der Wetteifer (weißer Neid) gemeint ist, ist in Deutschland, insbesondere in der aktuellen Zeit, eher er schwarze Neid (Neid als Eifersucht) ausgeprägt. Während sich in anderen Ländern die Menschen freuen und sogar ganz offen ihre Bewunderung zeigen, wenn der Partner, ein Nachbar oder Kollege erfolgreich ist und sich z.B. etwas Schönes und Neues kaufen und leisten kann, zeigen viele Deutsche ihre Missgunst gegenüber erfolgreichen Menschen.

 

Wenn Sie sich mit Prominenten unterhalten, werden Ihnen diese hinter der Hand sagen: Viele sind in Deutschland neidisch auf jeden, dem es ein bisschen besser geht. In Amerika jubelt man, wenn ein Kandidat 500 000 Dollar gewinnt. Gewinnt in Deutschland jemand 100 000 Euro heißt es eher: Was, dieses Pickelgesicht?“

(Thomas Gottschalk)

 

Während in Amerika eine „naive Freude am Erfolg“ besteht, trifft der Erfolgreiche in Deutschland eher auf „eine gewisse Häme und Missgunst“.

(Filmregisseur Wolfgang Petersen)

 

„Die Deutschen sind neidisch auf jeden, dem es ein bisschen besser geht.“

(Horst Tappert)

 

Wo immer man hinhört bei den Erfolgreichen und Spitzenverdienern, bei Managern und Unternehmern: Alle klagen über den Neid, der ihnen hierzulande angeblich auf Schritt und Tritt begegnet. Dies spiegelt sich auch im Wahlkampf wieder. Hier sprach man etwa von „Neidsteuer oder Besserverdienenden“. Es gab Vorwürfe, Sozialneid

zu schüren und die Gesellschaft zu spalten. Aufällig ist, dass sich weit und breit kein Mensch findet, der direkt eingesteht, neidisch zu sein.

 

Schlimm ist: Der Neider sieht immer nur das Glück des Beneideten, er denkt aber niemals über den Preis nach, der für dieses Glück gezahlt werden musste. Bemerkenswert dabei ist auch die Tatsache, dass die Neider für ihren eigenen Misserfolg auch noch andere Menschen oder die Gesellschaft verantwortlich machen.