Hintergrundwissen "Dialektik"

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Die Theorie - Was ist Dialektik?

Während die "Rhetorik" als "Redekunst" bezeichnet wird, was heute vielmehr als Handwerk und als "Fähigkeit zum sicheren und wirkungsvollen Reden" gesehen wird, stellt die Dialektik im Zusammenhang mit der Rhetorik die Kunst des Argumentierens dar, ebenso die Fähigkeit, genau hinzuhören, miteinander zu reden und entsprechend zu argumentieren.

 

Ursprünglich wurde Dialektik als Kunst der Gesprächsführung (Platon, Aristoteles, Schopenhauer) bezeichnet. Bereits in der Antike war Dialektik ein nicht einheitlich gebrauchter Ausdruck.

 

Dialektik ist eine Disziplin und Methode der Philosophie und Rhetorik bei der kontroverse Themen durch Aussagen und Gegenaussagen (These und Antithese) mit anschließender Synthese (Konklusion) als schlüssig dargestellt werden. Insofern besteht ein Zusammenhang bzw. eine direkte Verwandtschaft mit der Logik.

 

Dialektik wird auch als die Lehre von den Gegensätzen sowie der Auffindung und Aufhebung dieser Gegensätze bezeichnet. Im Wesentlichen dient die Dialektik der Wahrheitsfindung. Es geht darum, Widersprüche aufzulösen, wodurch eine Erkenntnis entsteht (Synthese).

 

Zur Dialektik gibt es unterschiedliche Ansätze und kontroverse Ansichten: Während der eine die Dialektik als "scheinbare Kunst des Denkens“ und "Logik des Scheins" bezeichnet, sieht der andere in der Dialektik den "Gang des Geistes in seiner Selbsterfassung" oder „das treibende Moment des Vernünftigen innerhalb des Verstandesdenkens, durch das sich der Verstand schließlich selbst aufhebt.“

 

Die so genannten "Sophisten" lehrten eine Form der Dialektik, die bereits in der Antike als unmoralisch erachtet wurde. Ihr Ziel war war es, der eigenen Sache um jeden Preis zum Sieg zu verhelfen, notfalls durch dialektische Kunstgriffe z.B. durch Wortverdrehung, Wortsinnverschleierung, Scheinbeweise, übertriebene Spitzfindigkeit und Haarspalterei (siehe persuasive Kommnunikation).


Immanuel Kant (1724 -1804), deutscher Philosoph der Aufklärung und bedeutendster Vertretern der abendländischen Philosophie behauptete, die Dialektik sei eine Beschäftigung mit Dingen außerhalb des möglichen Erfahrungsbereiches des Scheins und führe daher unausweichlich zu unauflösbaren Widersprüchen.

 

Weiterentwickelt wurde das Verständnis der Dialektik von Karl Klemens Serol Johann Gottlieb Fichte und Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling. Ihren Höhepunkt erreichte die Dialektik schließlich in der Logik Hegels. Ebenso entstand durch Hegel eine große Begriffsverwirrung. Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 - 1831) war als Philosoph, der als wichtigster Vertreter des deutschen Idealismus. Hegels Philosophie erhebt den Anspruch, die gesamte Wirklichkeit in der Vielfalt ihrer Erscheinungsformen einschließlich ihrer geschichtlichen Entwicklung zusammenhängend, systematisch und definitiv zu deuten.

 

Hegel sieht bereits in dem antiken Philosoph Heraklit einen Dialektiker. Das logische Prinzip der sich ständig verändernden Welt liegt für Heraklit im Streit (polemos) als „Vater aller Dinge“. Hier geht es um den ständigen Kampf der Gegensätze. Hegel bezeichnete etwas ganz anderes als "Dialektik": Das Gesetz von Bewegung und Gegenbewegung des Geistes. Hegel vertrat die Meinung, jede Manifestation des Geistes treibe einen Widerspruch hervor. Auf eine Thesis folge eine Gegenbewegung (Anti-Thesis), woraus eine Synetesis entstehe, die widerum zur neuen Thesis werde. SEin Schüler Karl Marx und später die Marxisten interpretierten nach dieser Theorie alle gesellschaftlichen, kulturellen und ökonomischen Prozesse. Die Dialektik wurde zur neuen Methode des Denkens und Grundlage des "dialektischen Materialismus".

Karl Marx setzte die Dialektik als Methode zur Kritik der politischen Ökonomie ein. Für Marx ist Dialektik nichts anderes als die gesellschaftliche Wirklichkeit die Grundlage für den „Gang der Sache selbst“. Demnach bestimmen nicht die Entwicklung der Begriffe oder des Geistes die Wirklichkeit, sondern das Handeln der Menschen selbst. Dieses Handeln orientiert sich an der Befriedigung der Bedürfnisse und Interessen, die sich an den jeweiligen ökonomischen Verhältnissen orientieren, wodurch ihr Denken und die Entwicklung von Ideen bestimmt wird.

 

Marx hatte zwar den Anspruch, auf dieser hegelschen Dialektik aufzubauen, dennoch wurde sein Ansatz durch die Entwicklung auf drei marxistischen dialektischen Grundgesetze heruntergestuft: a) Das Gesetz von Kampf und Einheit der Gegensätze, b) das Gesetz von der Negation der Negation und c) das Gesetz vom Umschlag der Quantität in eine höhere Qualität. Neben diesen drei Grundgesetzen werden in der marxistischen Dialektik noch die Gesetzmäßigkeiten des dialektischen Zusammenhangs (dialektische Wechselwirkungen) betrachtet. Dazu zählen u.a.: Wesen und Erscheinung, Ursache und Wirkung, Inhalt und Form, Wirklichkeit und Möglichkeit, Grund und Folge, Abstraktes und Konkretes und weitere.

Sinn und Nutzen in der Praxis

Das alles, was Dialektik ist und was philosophisch daraus gemacht wird, klingt für den Laien natürlich sehr theoretisch. Was nützt die Dialektik in der Praxis?

 

Aristoteles würde sagen: „Dialektik ist geistige Gymnastik.“ Während beim normalen Sport unser Kreislaufsystem angeregt wird und unsere Muskeln entwickelt werden, regt Dialektik unser Denken an. Das bezieht sich nicht nur auf unsere Fähigkeit, besser und schneller zu denken, sondern auch auf die Beweglichkeit und Flexibilität unseres Denkens z.B. in aktiven Kommunikationssituationen. Aber das ist es nicht allein.

 

Dialektik ist eben nicht nur eine philosophische Disziplin, in der wir dort das Gespräch suchen, wo es bewusst gegensätzliche Standpunkte gibt, um am Ende zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen. Ebenso wenig nutzt Dialektik nicht nur der Wahrheitsfindung, der Weltanschauung und der Sozialkritik. Dialektik ist mehr als einfach nur „drüber reden“ und "Denksport".

In der Praxis genutzt, kann Dialektik der zielführenden Gesprächsführung,
der Durchsetzung und der Findung von Lösungen und Kompromissen dienen.
Von der reinen Philosophie und Logik auf die vernünftige Anwendung heruntergebrochen, stellt die Dialektik ein Mittel der Argumentation und Rhetorik dar.

 

Wer sich mit den Grundsätzen der Dialektik auseinandersetzt, ohne dabei in der Theorie zu verweilen oder gar abzudriften, formt darüber hinaus seine geistigen Fähigkeiten, Meinungen und Argumente anderer zu widerlegen und bereits im Ansatz zu hinterfragen. Das bezieht sich auch auf die eigenen Ansichten, Meinungen und Denkmuster, die nicht selten falsch und hinderlich sein können.

 

Eigene Thesen dialektisch durchzuspielen, dient auch der Qualität der eigenen Handlungen, wozu auch die gesamte Kommunikation zählt. Wer immer nur von seinem ersten Standpunkt ausgeht oder die Worte anderer übernimmt, selbst wenn man generell kontert und gegenargumentiert, befindet sich selbst mit der besten Argumentation aus Sicht von Dialektik-Profis auf einer Erstklässlerbank.

 

Andreas Köhler: "Die meisten lassen sich auf das Gesagte ein, worauf dann entsprechend reagiert wird. Oft ist aber bereits das Gesagte an sich bereits an einem einzigen Begriff zu hinterfragen und kann allein daher gar nicht ernst genommen werden. Wer blindlings reagiert, läuft daher automatisch in eine Falle, die man von vorne herein verhindern kann, wobei bereits ein einziges Wort hinterfragt und ein Argument im Keim erstickt wird."